Projekt Erhaltungskulturen des Botanischen Gartens
Ziel ist es, den Gefährdungsgrad dieser Pflanzen zu reduzieren, da diese momentan auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen. Auf Grund des Verbreitungsbildes in Deutschland trägt das Land Hessen für sie eine besondere Verantwortung.
ZUSAMMEN MIT DER KFW STIFTUNG
Ziel ist es, den Gefährdungsgrad dieser Pflanzen zu reduzieren, da diese momentan auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen. Auf Grund des Verbreitungsbildes in Deutschland trägt das Land Hessen für sie eine besondere Verantwortung. Zudem leistet das Projekt einen Beitrag zur globalen Strategie zum Schutz der Pflanzen (Global Strategy for Plant Conservation, GSPC). Diese Strategie ist ein Programm im Rahmen der Convention on Biological Diversity, einem völkerrechtlichen Vertrag, dem die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist und damit entsprechende völkerrechtliche Verpflichtungen zum Schutz von Pflanzen übernommen hat.
Der einsetzende Frühling ist der Startschuss für das Projekt. Über die Vegetationsperiode bis zum Herbst sammeln Pflanzenspezialisten Samen folgender Arten ein:
- Steifer Lauch (Allium strictum)
- Tomans Schwingel (Festuca tomanii)
- Gewöhnliches Nadelröschen (Fumana procumbens)
- Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides)
- Sand-Zwerggras (Mibora minima) siehe Abbildung 1 und 2
- Aufrechte Weißmiere (Moenchia erecta)
- Acker-Schwarzkümmel (Nigella arvensis) siehe Abbildung 4
- Badener Rispengras (Poa badensis)
- Hügel-Knäuelkraut (Scleranthus verticillatus)
- Wiesen-Schwertlilie (Iris spuria)
- Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum)
- Fünfmänniger Spergel (Spergula pentandra)
- Zweifelhafter Grannenhafer (Ventenata dubia)
- Drüsiger Ehrenpreis (Veronica acinifolia) siehe Abbildung 3
- Heide-Wicke (Vicia orobus) siehe Abbildung 5
Den Anfang macht das Zwerggras (Mibora minima siehe Abbildung 1 und 2). Das kleinste Gras der Welt blüht zwischen Februar und April. Es wächst auf sandigen Äckern und hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in Südhessen.
Vom verschollen geglaubten Drüsigen Ehrenpreis (Veronica acinifolia siehe Abbildung 3) konnte in Mittelhessen völlig überraschend noch eine Pflanze entdeckt werden. Diese Art war vor hundert Jahren noch nicht selten, steht aber aktuell in Deutschland vor dem Aussterben. Einige Samen dieses “letzten Mohikaners” sollen nun im Botanischen Garten ausgesät werden, um unter der Obhut der Gärtner eine Erhaltungskultur aufzubauen. Vielleicht gelingt es uns noch, die Art zu retten.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Webseite der KfW-Stiftung: KFW-Stiftung
Das Jahr 2018
März 2018
1. und 2. März: Die Arbeitsgruppe „Erhaltungskulturen“ im Verband der Botanischen Gärten trifft sich zu einer Arbeitstagung in Potsdam. Im Zentrum stehen der Erfahrungsaustausch und Bemühungen zur Etablierung von Qualitätsstandards. Der Teilnehmerkreis ist breit gestreut und besteht aus Vertretern von Naturschutzbehörden und Botanischen Gärten sowie ehrenamtlichen Naturschützern und professionellen Landschaftspflegern bzw. Saatgutvermehrungsbetrieben.
09. März: Unerwünschte Selektion ist ein großes Problem bei gärtnerischen Erhaltungskulturen. Bei vielen Pflanzenarten keimen nicht alle Samen sofort, sondern sukzessive über einen längeren Zeitraum. Erfahrene Gärtner lassen die Aussaatgefäße deshalb noch längere Zeit stehen, wenn nicht alle Samen gekeimt sind. Diese Keimruhe kann unter natürlichen Bedingungen von hoher Bedeutung sein, und ein vorzeitiges Entfernen der Saatgefäße mit den verbliebenen Samen wäre dann kontraproduktiv. Unter unseren Verantwortungsarten betrifft dies vor allem Zwerg-Nadelröschen (Fumana procumbens) und Heide-Wicke (Vicia orobus). Hier treten noch mehr als ein Jahr nach der Aussaat Keimlinge auf.
15. März: Für die Heide-Wicke (Vicia orobus) führen wir heute die erste Wiederansiedlung im Rahmen unseres Projektes durch. Dank der akribischen Vorarbeit ehrenamtlicher Akteure von BVNH und NABU konnten zwei gut geeignete Stellen im Spessart ermittelt werden, deren Nutzung und Pflege auf die Bedürfnisse der Heide-Wicke abgestimmt werden kann. Die Maßnahme erfolgte in enger Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde und dem Forstamt Jossgrund sowie mit der Stadt Bad Orb. Da zunächst relativ wenig Pflanzen verfügbar waren, wollen wir die neuen Populationen durch wiederholte Auspflanzungen im Herbst und im nächsten Jahr verstärken.
22. März: Mit Unterstützung der Verwaltung staatlicher Schlösser und Gärten in Hessen versuchen wir, die Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides) in Lorsch wieder anzusiedeln. Das vor etlichen Jahren erloschene Vorkommen der Sand-Silberscharte auf der Lorscher Düne lag isoliert zwischen den letzten verbliebenen südhessischen Populationen bei Darmstadt/Pfungstadt und Viernheim.
23. März: Der Projektbericht 2017 wird vorgestellt und an die Projektpartner verschickt. Er enthält eine zusammenfassende Darstellung der durchgeführten Erhaltungskulturen und Wiederansiedlungen.
April 2018
13. April: Im Zuge einer von der Oberen Naturschutzbehörde veranlassten Pflegemaßnahme im NSG Schwanheimer Düne können wir die bereits seit längerem angedachte Wiederansiedlung des Sand-Zwerggrases (Mibora minima) in die Tat umsetzen. Viele helfende Hände, darunter Aktive vom BUND und Mitarbeiter des Forstamtes trugen zum Gelingen der Aktion bei. Die in voller Blüte stehenden „zwergigen“ Gräser werden sich dank solcher Fürsorge in der neuen Heimat bestimmt wohlfühlen, hofft Andreas König vom Botanischen Garten, der das Vorhaben als Projektleiter eingefädelt hat. Den ersten Spatenstich zur Pflanzung haben Heidi Wieduwilt vom BUND-Ortsverband Frankfurt-Main Süd-West, seit vielen Jahren als ehrenamtliche Betreuerin des Schutzgebietes tätig und Oliver Schulz, Gärtner im Botanischen Garten Frankfurt, vorgenommen.
Auf der Schwanheimer Düne siedeln noch weitere bedrohte Arten wie das Silbergras und die rosafarbene Sand-Grasnelke. Offene, sandige Bodenstellen ermöglichen dem zierlichen Zwerggras ein von konkurrierenden Pflanzen ungestörtes Wachstum. Pflegemaßnahmen für das seltene Zwerggras helfen ebenso der in diesem Bereich lebenden Zauneidechse, die ähnliche Ansprüche an den Lebensraum hat. Störend könnte sich allerdings auswirken, dass durch Besucher abseits der Wege gelaufen wird, wobei neben den mechanischen Schäden durch Tritt und Lagern auch eine Eutrophierung durch Hundekot schadet. Nährstoffeintrag führt auf den von Natur aus nährstoffarmen Sandböden dazu, dass immer mehr ungefährdete, nährstoffbedürftige Pflanzen wachsen und das zierliche Zwerggras allmählich verdrängen. Auf diese Weise verschwand auch das letzte Schwanheimer Vorkommen im Jahr 2003.
16. April: Bei einem Ortstermin in Münzenberg versuchen wir, günstige Stellen für die Wiederansiedlung des Zweifelhaften Grannenhafers (Ventenata dubia) zu finden. Die Art benötigt steinig-flachgründige, trockene Böden mit wenig Bewuchs. Sie verschwand in dieser Gegend vor etwa zehn Jahren. Im Vorjahr gelang es uns, Saatgut an nahe gelegenen kleinen Populationen zu sammeln, so dass im Spätsommer mit Unterstützung der Naturschutzgruppe Stadt Münzenberg e.V. eine Aussaat durchgeführt werden könnte
26. April: Am größten bekannten Vorkommen des Sand-Zwerggrases (Mibora minima) bei Königstädten (nahe Rüsselsheim) sammeln wir Saatgut für weitere Ansiedlungsprojekte. Die Art konnte hier in großen Populationen überleben, weil auf den klein parzellierten Streuobstäckern eine museal anmutende Pflege durchgeführt wird: Es wird flach gepflügt bzw. gefräst (gegrubbert), um den Boden offen zu halten, wobei keine Feldfrüchte angebaut werden. So kann den Obstbäumen auf den schnell austrocknenden Sandböden mehr Regenwasser zu Gute kommen. Sofern die Bodenbearbeitung im Spätsommer durchgeführt wird, resultiert daraus ein ideales Keimbett für die Zwerggras-Samen, so dass sich über den Winter ungestört Jungpflanzen entwickeln können.
Mai 2018
11. Mai: Erste Erfolgskontrollen an mehreren Orten mit vorjährigen Wiederansiedlungsversuchen ergeben ein gemischtes Bild. Recht gut gelingen Auspflanzungen der Drüsigen Fetthenne (Sedum villosum) und des Zwerggrases (Mibora minima), wenn die Standorte geeignet sind. Auch die mehrjährigen Arten erweisen sich als relativ unproblematisch, mit Überlebensraten von ca. 60-90% bei Pflanzungen. Bei den übrigen einjährigen Pflanzenarten ist das Ergebnis uneinheitlich, aber für eine abschließende Aussage ist es noch zu früh.
Juni 2018
1. Juni: Die beiden Erhaltungskulturen der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) weisen deutlich wahrnehmbare Unterschiede auf, obwohl beide am gleichen Tag (11.9.2017) gesät und unter den gleichen Bedingungen kultiviert wurden: Die Pflanzen der Vogelsberger Herkunft (Akzession 2017/248) sind auffallend stark rötlich gefärbt und blühen sehr reich, sie haben sehr viele blühende Langtriebe gebildet und nur wenige kurze Bruchäste, die der vegetativen Vermehrung dienen. Die Pflanzen aus der Rhön (Akzession 2017/247) dagegen sind überwiegend grünlich gefärbt und kaum rötlich, sie haben sehr viele kurze Bruchäste gebildet und viel weniger blühende Langtriebe. Solche Unterschiede haben wir bereits im Vorjahr bemerkt, siehe Tagebucheintrag vom 9. Juni 2017. Da es sich nicht um kulturbedingte Abweichungen handeln kann, erklären wir uns dieses Phänomen mit einer möglicherweise unterschiedlichen Anpassung der jeweiligen „Lokalsippen“ an örtliche Verhältnisse, denn diese sind bei beiden deutlich verschieden. Da beide Ursprungspopulationen sehr klein sind, können auch Verluste im lokalen Genpool infolge genetischer Drift eine Rolle spielen. Solche Beobachtungen bestärken die auch von uns vertretene Ansicht, dass bei Wiederansiedlungsvorhaben möglichst mit regionalen Herkünften gearbeitet werden sollte, und die Zielbiotope denen der Herkünfte möglichst ähnlich sein sollten.
Der Zweifelhafte Grannenhafer (Ventenata dubia) ist normalerweise einjährig; die Samen keimen im Herbst und die Pflanzen blühen im folgenden Frühsommer. Die meisten der im Vorjahr kultivierten Pflanzen gelangten jedoch nicht zur Blüte, und zwar sowohl in Kultur als auch nach der Auspflanzung in der Natur (siehe Eintrag am 7.7.2017). Wir erklären uns dies mit der Auswirkung von Spätfrösten auf die empfindlichen Knospenanlagen. Die Pflanzen haben überdauert und holen die ausgefallene Blühphase jetzt nach.
7. Juni: Betriebsbesichtigung bei der Nagola Re GmbH in der Lausitz - Im Mittelpunkt des 2011 von der Biologin Christina Grätz gegründeten Betriebes in Jänschwalde bei Cottbus stehen die Erzeugung, Aufbereitung, Lagerung und Vermarktung von Wildsamen, die Aufzucht seltener gebietsheimischer Pflanzen und der Ausbau der Erhaltungskulturen für das Land Brandenburg. Der Name Nagola Re kommt aus dem Sorbischen (Nagola bedeutet „auf der Heide“, Re steht für Renaturierung). Im Auftrag des Landes Brandenburg kümmert sich Nagola Re außerdem um einige Erhaltungskulturen von Arten, die vom Aussterben bedroht sind, wie zum Beispiel die Pfingst-Nelke (Dianthus gratianopolitanus), die Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) und das Gewöhnliche Katzenpfötchen (Antennaria dioica). Von diesen zumeist äußerst seltenen Arten wird in Kooperation mit dem Botanischen Garten Potsdam ein Vermehrungsbestand aufgebaut. Die Mitarbeiter ziehen aus den Samen Jungpflanzen und siedeln diese wieder in der Natur an. Erfolgte die Bereitstellung des gebietsheimischen Saatgutes zunächst entweder mit von Hand gesammelten Samen oder durch Auftrag maschinell geernteten Mahdguts, so begann das Unternehmen 2013 aufgrund der immer stärkeren Nachfrage mit der Erzeugung heimischer Wildsamen und Wildpflanzen und ist inzwischen mit 18 Mitarbeitern der größte zertifzierte Regiosaatgutproduzent in Brandenburg.
Für uns war dieser Blick über den Tellerrand eine Gelegenheit, Methoden und Praktiken eines professionell und kommerziell arbeitenden Betriebes kennenzulernen. Menge und Umfang der Erhaltungs- und Vermehrungskulturen bewegen sich in Dimensionen, die für uns bislang kaum vorstellbar waren und nicht realisierbar sind. Wir sehen die Stärke Botanischer Gärten in der Kompetenz zur Durchführung von Spezialkulturen, die mit aufwändiger Betreuung verbunden sind. Die qualifizierte bzw. zertifizierte Produktion größerer Mengen an Pflanzen oder Samen ist eine Domäne kommerzieller Betreibe, die hier entsprechend preisgünstig arbeiten können. Im Rahmen solcher Projekte wie dem unsrigen bieten sich dann Kooperationen auf regionaler Ebene an.
15. Juni: Die Saatguternte bei mehreren unsrer Erhaltungskulturen hat begonnen. Bei allen Arten reifen die Samen sukzessive, so dass wiederholte Kontrollen erforderlich sind.
18. Juni: Wiederansiedlung der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) in Laubach-Freienseen
Im Bereich des Flächenhaften Naturdenkmals „Seltener Pflanzenstandort am Lardenbacher Weg“ im Landkreis Gießen wurden im vorigen Herbst Baumaßnahmen durchgeführt, um aufgefüllten Oberboden abzutragen und einen trocken-mageren Hang mit zeitweise wasserführenden Bereichen wieder herzustellen. Früher kam die Sumpf-Fetthenne hier vor, jedoch hatte sich der Standort im Laufe der Jahrzehnte so verändert, dass die Pflanzen vor einigen Jahren verschwunden sind. Da nun die Ursachen, die für das Verschwinden der seltenen Art maßgeblich verantwortlich waren, mit Hilfe von Landesmitteln zur Steigerung der Biodiversität beseitigt wurden, dürfte ein Wiederansiedlungsversuch Erfolg versprechend sein. Zusätzlich zu unseren Pflanzen hat der Botanische Garten Gießen etliche Pflanzen der gleichen Herkunft (Alsfeld) zur Verfügung gestellt.
27. Juni: Wiederansiedlung der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) im Ulstertal/Rhön
Die bereits am 24. Mai 2016 begonnene und erfolgreiche Wiederansiedlung wird durch Hinzupflanzen weiterer Exemplare verstärkt. Dies dient einerseits der Vergrößerung des Genpools, denn die neuen Pflanzen stammen zwar aus der gleichen Population, aber von anderen Eltern. So wird die genetische Fitness verbessert. Andererseits wählen wir nun eine andere Stelle, so dass die Population nun auf eine größere Fläche verteilt ist und so zum Beispiel weniger anfällig ist für punktuelle Beeinträchtigungen.
Auch die Ursprungspopulation am Mathesberg wird durch Hinzupflanzen verstärkt. Hier wird wie schon im Vorjahr ein Bereich am Rand des Altvorkommens gewählt, der durch Anlegen einer Tränke gestört worden war und von der Art noch nicht aus eigener Kraft wiederbesiedelt werden konnte.
28. Juni: Wiederansiedlung der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) im Vogelsberg
Die bereits am 13. Juli 2017 durchgeführte Wiederansiedlung an zwei Gebieten bei Freiensteinau war erfolgreich; die Pflanzen blühen. Beide Populationen verstärken wir durch Hinzupflanzen weiterer Exemplare. Außerdem pflanzen wir einen Teil der bereits fruchtenden Pflanzen in drei eigens dafür präparierte kleine „Beete“ auf einer Schafweide bei Breungeshain. Die von der Unteren Naturschutzbehörde und dem Vogelsberger Botaniker Ernst Happel betreuten Flächen dienen lediglich der kurzfristigen Vermehrung, um mittels der hier produzierten Samen im nächsten Jahr eine Ansiedlung in größerem Umfang vornehmen zu können.
Juli 2018
6. Juli: Bei der Erfolgskontrolle unserer Ansiedlungsversuche in Südhessen zeigt sich ein differenziertes Bild: Auf der Griesheimer Düne hat der Acker-Schwarzkümmel (Nigella arvensis) sowohl aus der Pflanzung wie auch aus Ansaat eine kleine Population mit blühenden Pflanzen gebildet. Die Herbstpflanzung der Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides) ist dagegen gescheitert. Bei dieser Art scheint eine Frühlingspflanzung und vor allem eine Direktsaat erfolgversprechender zu sein. Zu unserer Überraschung ist die herbstliche Pflanzung des Zwerg-Nadelröschens (Fumana procumbens) gut gelungen, und auch beim Badener Rispengras (Poa badensis) und Tomans Schwingel (Festuca tomanii = F. albensis) haben die meisten Pflanzen überlebt und geblüht.
Bei Seeheim
Das Jahr 2017
Januar 2017
20. Januar 2017: Auch in diesem Jahr vergeben wir wieder Werkverträge zur Saatgutsammlung an externe Experten. Qualität und Menge der Samen sind entscheidend für den Erfolg unseres Projektes, so dass wir nur sachkundige und geschulte Personen hierfür einsetzen können.
24. Januar 2017: Wir beginnen mit den Aussaaten für die neue Saison: Mit Ausnahme der Wiesen-Schwertlilie (Iris spuria), für die kein Ansiedlungsvorhaben geplant ist, werden alle Zielarten unseres Projektes ausgesät. Die Sichtung der Saatgutmengen ergab das erfreuliche Resultat, dass in der Saison 2016 fast doppelt so viel Saatgut geworben werden konnte wie im Vorjahr. 2015 waren es rund 20.540 Samen aller Projektpflanzen aus 30 Gebieten, in 2016 dagegen rund 38.038 Samen aus 36 Gebieten.
31. Januar 2017: Nach anfänglichen Misserfolgen gelingt nun auch die Kultur des Nadelröschens (Fumana procumbens) mit vermutlich mykorrhiziertem Sand vom Herkunftsort relativ gut.
2017 Februar
1. Februar 2017: Ein Ortstermin im FFH-Gebiet „Sandtrockenrasen zwischen Mörfelden und Walldorf“ offenbart neue interessante Optionen zur Wiederansiedlung des Zwerggrases (Mibora minima). Gemeinsam mit Mitarbeitern von Stadt und Naturschutzbehörde überlegen wir, welche Flächen am besten geeignet sind und wie diese vorbereitet bzw. gepflegt werden sollten.
2. Februar 2017: Die erloschene Population der Sand-Silberscharte im NSG „Griesheimer Düne und Eichwäldchen“ soll mit Hilfe unserer Erhaltungskultur wieder angesiedelt werden. Zusammen mit Vertretern der Naturschutzbehörde begutachten wir den vorgesehenen Ansiedlungsort.
8. Februar 2017: Bei einem Treffen mit Ingrid Moser vom Landschaftspflegeverband Gießen erhalten wir wertvolle Hinweise auf geeignete Flächen für Wiederansiedlungsprojekte. Einige davon überprüfen wir noch am gleichen Tag, mit positivem Resultat.
17. Februar 2017: Die Sämlinge aus unserer Vermehrungskultur des Drüsigen Ehrenpreises (Veronica acinifolia) gedeihen prächtig. Dies täuscht darüber hinweg, dass diese Art in Hessen inzwischen verschollen ist. In Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband Gießen wollen wir in diesem Jahr eine Wiederansiedlung versuchen.
März 2017
29. März 2017: Die Wiederansiedlung des Sand-Zwerggrases (Mibora minima) bei Mörfelden wird von der Stadt Mörfelden-Walldorf unterstützt und stößt auf reges Interesse. Bürgermeister Heinz-Peter Becker kennt die Pflanze noch aus früheren Jahren. Viele helfende Hände pflanzen mehr als 300 Zwerggrasbüschel – Buddeln wie auf dem Kinderspielplatz!
31. März 2017: Bei einer Begehung im ausgedehnten NABU-Schutzgebiet „Weinberg bei Wetzlar“ ermitteln wir mehrere Stellen, die für eine Wiederansiedlung der Aufrechten Weißmiere (Moenchia erecta) und des Fünfmännigen Spörgels (Spergula pentandra) geeignet erscheinen. Gemeinsam mit Botanikern, Schutzgebietsbetreuern und Vertretern der Naturschutzbehörden versuchen wir hier wie auch in vielen vergleichbaren Fällen, die am besten geeigneten Stellen zu finden. Neben den speziellen Ansprüchen der Pflanzen sind dabei auch Belange der Pflege und Nutzung und mögliche Störungen zu bedenken, denn dies entscheidet über den Erfolg des Vorhabens.
April 2017
5. April 2017: Die Wiederansiedlung des Fünfmännigen Spörgels (Spergula pentandra) im NSG Arfurter Felsen stellt uns vor Herausforderungen. Anhaltende Trockenheit und felsiger Standort erschweren die Pflanzung. Hier wie auch bei ähnlichen Vorhaben werden wir daher prüfen, ob bei einjährigen Pflanzen eine Direktsaat erfolgreicher sein könnte.
6. April 2017: Eine weitere Wiederansiedlung des Sand-Zwerggrases (Mibora minima) findet bei Maintal statt. Unter den Helfern bei der Pflanzaktion ist auch der Erste Stadtrat Ralf Sachtleber. Die Stadt Maintal freut sich, das selten gewordene Sand-Zwerggras wieder in ihrer „grünen Mitte“ begrüßen zu können.
20. April 2017: Im NABU-Schutzgebiet „Weinberg bei Wetzlar“ erfolgt die Wiederansiedlung der Aufrechten Weißmiere (Moenchia erecta) und des Fünfmännigen Spörgels (Spergula pentandra). Beide sollen auch im Volkenbachtal bei Heuchelheim-Kinzenbach eine neue Heimat finden, zusammen mit dem Zweifelhaften Grannenhafer (Ventenata dubia) und dem Drüsigen Ehrenpreis (Veronica acinifolia) – dessen letztes Vorkommen im Landkreis Gießen ist erloschen, jedoch konnten wir Samen von dort vermehren und versuchen nun die Wiederansiedlung an einer hoffentlich besser geeigneten Stelle.
21. April 2017: Anlässlich des 51. Hessischen Floristentages in Darmstadt berichtet Projektkoordinator Uwe Barth über den aktuellen Stand. Bei der anschließenden Exkursion erläutert Projektleiter Andreas König die für den Herbst geplanten Wiederansiedlungsvorhaben in der Region.
28. April 2017: Im Raum um Lorch (Rheingau) siedeln wir den Zweifelhaften Grannenhafer (Ventenata dubia) wieder an. Die Art hat in der Region ein letztes kleines Vorkommen, von dem im Vorjahr eine geringe Menge Samen gesammelt werden konnte. Daher können wir heute im Beisein von Pressevertretern rund 100 junge Pflänzchen auswildern. Die Aktion erfolgt in Kooperation mit Hessen Forst und der Unteren Naturschutzbehörde sowie des Landschaftspflegeverbandes des Rheingau-Taunus-Kreises.
Juni 2017
8. Juni 2017: Die beiden Bachelorstudentinnen Jennifer Peil und Ivonne Linnscheid an der Justus-Liebig-Universität Gießen (Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Birgit Gemeinholzer) werden populationsgenetische Untersuchungen an der Sand-Silberscharte durchführen. Durch einen Vergleich der wildlebenden Populationen sowie der Untersuchung der Erhaltungskulturen im Botanischen Garten Frankfurt gewinnen wir Erkenntnisse über die genetische Diversität und Differenzierung sowie potentielle Inzuchteffekte. Diese Informationen können dazu genutzt werden, um Empfehlungen zur Stützung der Populationen zu geben, z.B. ob Populationen genetisch verarmt sind und eine Erhöhung des Genpools sinnvoll ist. Außerdem können beginnende Anpassungen an standortbedingte Verhältnisse detektiert werden, so dass in solchen Fällen von einer genetischen Durchmischung gebietsfremden Saatgutes abzuraten ist. Ferner kann durch die Ermittlung der Diversität der Erhaltungskulturen festgestellt werden, ob durch die Kultivierungsbedingungen spezielle Genotypen gefördert wurden oder die gesamte Diversität der Freilandpopulation ex-situ erhalten werden konnte.
9. Juni 2017: Die Erhaltungskulturen der Sumpf-Fetthenne zeigen deutliche Unterschiede hinsichtlich Phänologie und Aussehen, obwohl alle Herkünfte gleichzeitig ausgesät wurden und unter identischen Bedingungen kultiviert werden. Die interpretieren wir als Ausdruck regionaler bzw. standörtlicher Anpassung, die offenbar nach langer Zeit der Isolation genetisch fixiert ist.
10. Juni 2017: Bei einer Erfolgskontrolle der im Vorjahr (am 30. Mai 2016) durchgeführten Ansiedlung von Sandpflanzen auf der Sanddünen-Restitutionsfläche bei Seeheim werden wir positiv überrascht: Die Überlebensrate ist relativ hoch, obwohl die Pflanzung aus organisatorischen Gründen zu einem relativ ungünstigen Zeitpunkt erfolgte und keine Nachsorge durchgeführt wurde. Bei der Sand-Silberscharte haben nach einem Jahr 75% der gesetzten Pflanzen überlebt, beim Badener Rispengras knapp 60% und von Tomans Schwingel sogar 90%! Bei beiden Gräsern sind die meisten Pflanzen zur Blüte gelangt, wobei der Schwingel einen deutlich vitaleren Eindruck macht.
11. Juni 2017: Gartenführung zum Thema Erhaltungskulturen – Die Führung von Annette Jung mit dem Titel „Schon weg oder noch da?“ befasst sich mit dem Beitrag Botanischer Gärten zum Erhalt bedrohter Pflanzenarten.
17. Juni 2017: Die Masterarbeit von Simon Brauwers bringt Erkenntnisse zur Genetik der Heide-Wicke. Die historischen Vorkommen weisen darauf hin, dass es im Spessart entlang der hessisch-bayerischen Grenze einst ein zusammen hängendes Teilareal mit etlichen Populationen gegeben hat. Die an der Goethe-Universität Frankfurt (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Zizka) durchgeführte Untersuchung ergab nun, dass die beiden verbliebenen Spessart-Populationen genetisch divers sind (keine Klone) und relativ nah miteinander verwandt sind. Um einer genetischen Verarmung entgegen zu wirken, empfiehlt Brauwers daher, die bayerische und hessische Population sowohl über Ex situ- als auch In situ-Maßnahmen wieder miteinander zu verbinden.
23. Juni 2017: Der Projektbericht des Jahres 2016 ist fertig gestellt und wird an mehr als hundert beteiligte Personen bzw. Institutionen versendet
28. Juni 2017: Erste Beprobungen zur Genetik der Sand-Silberscharte finden statt. Hierfür werden nur sehr geringe Mengen an Blattmaterial benötigt, so dass eine Beeinträchtigung der Populationen nicht zu erwarten ist.
30. Juni 2017: Ein Teil der kultivierten Pflanzen wird erst im kommenden Herbst ausgepflanzt. Die in der Kultur hervorgebrachten Samen werden sorgfältig abgeerntet und dienen entweder der weiteren Vermehrung und Kultur, oder sie werden parallel zu Auspflanzungen direkt ausgesät. Mit Ausnahme des Zwerggrases haben wir von keiner der fünfzehn Projektpflanzen genügend Saatgut von Wildherkünften, um damit Erfolg versprechende Ansaaten im Freiland vornehmen zu können.
Juli 2017
7. Juli 2017: Bei einer Kontrolle unserer Kulturen zeigt sich, dass die allermeisten Pflanzen des Zweifelhaften Grannenhafers (Ventenata dubia) nicht zur Blüte gelangen. Als Ursache vermuten wir einen Spätfrost im April, aber letztlich stehen wir vor einem Rätsel. Dagegen haben sich die inzwischen 2jährigen Exemplare unserer südhessischen Sandpflanzen (Sand-Silberscharte – Jurinea cyanoides, Tomans Schwingel – Festuca tomanii, und Badener Rispengras – Poa badensis) sehr gut entwickelt. Die beiden Gräser haben erstmals in Kultur geblüht und wir konnten reichlich Samen ernten.
13. Juli 2017: An sumpfigen Stellen zweier Rinderweiden bei Freiensteinau versuchen wir, die im Vogelsberg einstmals häufige Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) wieder anzusiedeln. Von den letzten beiden Vogelsberger Vorkommen wurden im Vorjahr Samen geerntet und anschließend vermehrt. Wir wollen herausfinden, ob die konkurrenzschwache Art auf Flächen mit „extensiver“ landwirtschaftlicher Nutzung eine Überlebensperspektive hat. Beide Flächen scheinen geeignet zu sein, weil durch den Tritt der Rinder regelmäßig offene Bodenstellen geschaffen werden, die ideale Keimbetten für die staubfeinen Samen sind. Mittels Vertragsnaturschutz soll eine möglichst langfristige, naturverträgliche Pflege der Flächen sichergestellt werden.
18. Juli – 15. August 2017: Im Rahmen eines vierwöchigen Praktikums digitalisiert Barbara Meurin publizierte historische Funddaten der Sumpf-Fetthenne. Die bislang unvollständigen Angaben zu dieser Art in der hessischen Artendatenbank können so ergänzt werden. Außerdem erstellt Frau Meurin eine Übersichtstabelle mit unseren Kulturerfahrungen zu den Verantwortungsarten, was für eine Auswertung hinsichtlich konkreter Fragestellungen vor allem für Folgeprojekte sehr hilfreich ist.
19. Juli 2017: Unsere am 17. Mai durchgeführte Pflanzaktion des Acker-Schwarzkümmels (Nigella arvensis) bei Seeheim und Griesheim scheint recht erfolgreich verlaufen zu sein – von den 84 Pflanzen auf der Seeheimer Fläche haben 48 überlebt, was einer Quote von über 50% entspricht. Die allermeisten davon kommen jetzt zur Blüte bzw. haben bereits Früchte entwickelt. Auf der Griesheimer Düne ist die Überlebensrate mit rund einem Viertel deutlich schlechter. Hier gelangen nur 18 Pflanzen zur Blüte bzw. Fruchtreife. In Anbetracht des ziemlich späten Pflanztermins und der sommerlich sehr trockenen Standorte ist dies ein Erfolg.
21. Juli 2017: Die bereits 2012 und 2016 erfolgte Wiederansiedlung der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) auf der Seifertser Hute hat sich gut entwickelt. Wir verstärken die Population und verbessern so die Überlebenschancen, indem wir an einer weiteren Stelle etwa fünfzig Pflanzen ausbringen. Außerdem erhoffen wir uns davon Erkenntnisse über die Auswirkungen unterschiedlicher Standortfaktoren und Nutzungseinflüsse unter realen Verhältnissen.
22. Juli 2017: Gartenführung zum Thema Erhaltungskulturen – Die Führung unseres Projektleiters Andreas König mit dem Titel „Wiederansiedlung gefährdeter Arten aus dem Botanischen Garten“ befasst sich mit dem Beitrag Botanischer Gärten zum Erhalt bedrohter Pflanzenarten.
27. Juli 2017: Die erste Erfolgskontrolle am Ansiedlungsort „Steinköppel“ bei Laubach-Altenhain zeigt, dass etliche Pflanzen des Zweifelhaften Grannenhafers zur Blüte gelangt sind. Dies überrascht uns, weil dies an den anderen Ansiedlungsorten und auch in Kultur (siehe Tagebucheintrag 7. Juli) nicht der Fall war. Als Folge der Hitze und Trockenheit sind aber auch hier viele Pflanzen vedorrt. Die ebenfalls hier ausgepflanzte Aufrechte Weißmiere hat allerdings reich geblüht und gefruchtet – eine erneute Kontrolle im Frühling wird zeigen, ob die Samen dann keimen und sich die nächste Generation entwickelt. Erst dann kann die Ansiedlung als gelungen bezeichnet werden.
29. Juli 2017: Die seit Jahren schrumpfende Population der Sumpf-Fetthenne auf der Mathesberg-Hute im Ulstertal/Rhön verstärken wir durch Hinzupflanzen von etwa 150 Pflanzen aus der gleichen Herkunft. Im Bereich der dicht mit Hochstauden wie Mädesüß bewachsenen Bereiche ist die Art im Laufe der letzten Jahre bereits verschwunden, denn die zierliche Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) ist konkurrenzschwach und kann sich nicht gegen üppige Hochstauden und bultige Seggen durchsetzen. Ein recht stark betretener Randbereich einer Viehtränke erscheint uns besonders geeignet, weil hier durch den Tritt des schweren Weideviehs regelmäßig offene Bodenstellen geschaffen werden. Hier können die Samen gut keimen und sich die Jungpflanzen ohne störende Konkurrenz entwickeln. Der in diesem Fall steinige und bereichsweise flachgründige Boden erschwert zudem das Aufwachsen von Hochstauden, während die Sumpf-Fetthenne an solche Standorte bestens angepasst ist und auch sommerliche Austrocknung gut überstehen wird.
August 2017
7. August 2017: Auf der Melpertser Hute im Ulstertal/Rhön versuchen wir die Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) wieder anzusiedeln. Ein recht stark betretener Randbereich eines Quellsumpfes erscheint geeignet, weil hier durch den Tritt des Weideviehs im sumpfigen Boden regelmäßig offene Bodenstellen geschaffen werden. Hier können die Samen gut keimen und sich die Jungpflanzen ohne störende Konkurrenz entwickeln, denn die zierliche Sumpf-Fetthenne ist konkurrenzschwach und kann sich nicht gegen üppige Hochstauden und bultige Seggen durchsetzen. Aus diesem Grunde ist eine bereits 2012 hier erfolgte Auspflanzung gescheitert, denn die Stelle ist inzwischen von einer Mädesüß-Staudenflur überwachsen.
11. August 2017: Nach und nach keimen weitere Pflanzen der bereits im Frühling durchgeführten Aussaat des Gewöhnlichen Nadelröschens (Fumana procumbens). Inzwischen haben wir immerhin fast hundert Pflanzen in Kultur, nachdem wir aus der ersten Aussaat im März 2016 lediglich 2 Pflanzen erhalten hatten. Diese zweijährigen Pflanzen haben nun geblüht und gefruchtet.
16. August: Sonja Kraft vom Landschaftspflegeverband des Rheingau-Taunus-Kreises macht die erfreuliche Beobachtung, dass einige Pflanzen des Zweifelhaften Grannenhafers (Ventenata dubia) an den Ansiedlungsorten im Rheingau-Taunus-Kreis doch noch zur Blüte gelangt sind.
31. August 2017: Auf der Thaidener Hute im Ulstertal/Rhön erfolgt eine erneuter Versuch, die Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) wieder anzusiedeln, nachdem ein erster Versuch im Jahr 2012 gescheitert ist. Rückblickend war die damalige Stelle ungünstig gewählt, außerdem wurden zu wenige (ein Dutzend) Pflanzen verwendet. Wir versuchen es nun erneut mit etwa hundert Pflanzen an einer günstigeren Stelle auf der ausgedehnten Rinderhute.
September 2017
18. September: Die Naturschutz-Akademie Hessen (NAH) veranstaltet in Wetzlar eine Tagung zum Thema „Wiederansiedlung von Tier- und Pflanzenarten in Hessen“. Dies gibt uns Gelegenheit, über Erfahrungen und erste Erfolge aus unseren Wiederansiedlungsvorhaben zu berichten.
20. September: Dirk Bönsel und Dr. Petra Schmidt (PLÖN) legen ihren Monitoringbericht zum Fünfmännigen Spörgel (Spergula pentandra) und Drüsigen Ehrenpreis (Veronica acinifolia) vor. Demnach haben sich diese an den neuen Standorten vermehren können und werden dort hoffentlich eine neue Population aufbauen. Eine weitere Kontrolle ist für den Frühling vorgesehen.
22. September: Die am 11. September ausgesäten Samen des Zweifelhaften Grannenhafers (Ventenata dubia) und der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) sind bereits nach wenigen Tagen gekeimt. Die Herbstaussaat vom Ranselberger Grannenhafer soll außerdem noch im Oktober vom Landschaftspflegeverband Rheingau-Taunus e.V. wieder ausgebracht werden, weil die Frühlingspflanzung wenig Erfolg hatte.
26. September: Für das Sand-Zwerggras (Mibora minima) werden wir erneut in Mörfelden-Walldorf aktiv - Nach der erfolgreichen Auspflanzung am 29. März führen wir nun eine Direktsaat an einer anderen Stelle durch. Auch hierbei wurden die Flächen speziell vorbereitet, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
Das Jahr 2016
Januar 2016
29. Januar 2016: Beim Zwerggras untersuchen wir Keimung und Wachstum auf unterschiedlichen Substraten, um Hinweise für eine künftige Optimierung der gärtnerischen Kultur zu bekommen. Nach drei Monaten sind die unterschiedlichen Verhältnisse schon auf den ersten Blick erkennbar: die beiden Multiplatten in der mittleren Reihe gedeihen am besten.
Februar 2016
5. Februar 2016: Mit der Wiederansiedlung des Zwerggrases bei Rodenbach findet die erste Auspflanzung im Rahmen des Projektes statt.
Ab 9. Februar 2016: Kulturbeginn für die meisten Projektpflanzen; das Foto zeigt Keimlinge der Aufrechten Weißmiere (Moenchia erecta) zehn Tage nach der Aussaat in einer Multiplatte.
22. Februar bis 4. März: Praktikum von Simon Brauwers, Master-Student an der Goethe Universität Frankfurt am Main bei Prof. Dr. Zizka.
24. Februar 2016: öffentliche Präsentation des bisher Erreichten beim II. NABU-Erfahrungsaustausch zum Thema „Ex-situ-Kultivierung & Wiederansiedlung heimischer Wildpflanzen“ in Mainz.
Februar bis März 2016: weitere Ansiedlungen für das Zwerggras und verschiedene einjährige Arten werden vorbereitet. Die Ansiedlungsvorhaben beschreiben wir in einem Konzept, das den Naturschutzbehörden zur Abstimmung vorgelegt wird. Ferner enthält das Papier Information zu den Projektpflanzen und erläutert unsere Methoden der Kultur.
März 2016
März 2016: Der Projektbericht für das Jahr 2015 wird vorgestellt.
29. März 2016: weitere Aussaaten für bereits beschlossene und genehmigte Ansiedlungsvorhaben werden vorgenommen; das Foto zeigt junge Pflänzchen der Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides).
April 2016
2. April 2016: Bei einer öffentlichen Gartenführung mit über fünfzig Teilnehmern werden auch die Erhaltungskulturen vorgestellt.
6. April 2016: Die Erfolgskontrolle der Ansiedlung des Zwerggrases (Mibora minima) bei Rodenbach zeigt, dass sich sowohl Samen als auch Pflanzen etablieren konnten.
15. April 2016: Die Kultur des Zwerg-Sonnenröschens erweist sich als Herausforderung, weil die Art eine Mykorrhiza eingeht; sie gelingt schließlich mit mäßigem Erfolg unter Verwendung sandigen Substrats vom natürlichen Wuchsort.
April 2016: Master-Student Simon Brauwers beginnt eine molekulargenetische Untersuchung der Heide-Wicke (Vicia orobus) an der Goethe-Universität Frankfurt, Arbeitsgruppe Prof. Zizka. Die Werkverträge für erneute Saatgutsammlungen werden vergeben.
Mai 2016
13. Mai 2016: Die kultivierten Pflanzen des Drüsigen Ehrenpreises blühen; die Herkunftspopulation ist leider verschollen, nachdem sie im Vorjahr nur noch aus drei Pflanzen bestand.
24. Mai 2016: Die zweite Auspflanzung erfolgt auf der Seifertser Hute in der Rhön, wo die im Rahmen eines Vorläuferprojektes begründete Population der Sumpf-Fetthenne verstärkt wird. In der Bildmitte Bürgermeister Schreiner (Gmde. Ehrenberg), daneben (mit Schirm) der für die Seifertser Hute zuständige Weidewart Ralf Schmitt sowie Martin Kremer vom Biosphärenreservat Rhön (mit Hut).
27. Mai 2016: Die ersten Samen der Wiesen-Schwertlilie keimen.
30. Mai 2016: Dritte Auspflanzung bei Seeheim; auf künstlich angelegten Sanddünen unweit des ND Seeheimer Düne werden Badener Rispengras, Tomans Schwingel und Acker-Schwarzkümmel ausgebracht. Versuchsweise erfolgt auch eine Pflanzung weniger Exemplare der Silberscharte.
Juni 2016
10. Juni 2016: Mit Ausnahme von Wiesen-Schwertlilie und Zwerg-Nadelröschen haben alle unsere Projektpflanzen geblüht; das Foto zeigt eine Hummel an Blüten des europaweit seltenen Steifen Lauches (Allium strictum).
Juli 2016
01. Juli 2016: Alle einjährigen Pflanzen unserer Erhaltungskulturen haben Samenreife erreicht. Die Samen werden geerntet und für die Vermehrung der jeweiligen Art verwendet.
4. Juli 2016: Besichtigung des Feldflora-Reservates der Stadt Nidderau in Windecken mit Erfahrungsaustausch zu Kultur und Ansiedlungsmaßnahmen. Beeindruckend vital ist die Population des Acker-Schwarzkümmels, die sich hier durch Selbstaussaat regelmäßig verjüngt.
5. Juli 2016: Teilnahme beim Aktionstag „Kultur fördert Natur“ - Zusammen mit mehreren Partnern laden Senckenberg und BioFrankfurt Oberstufenschülerinnen und -schüler ein, den ‘Berger Hang’ östlich von Bergen-Enkheim zu erkunden. An mehreren auf einem Rundweg verteilten Stationen stellen ihnen in der Zeit von 9:00-13:30 Uhr Fachleute in jeweils ca. 20-Minuten-Einheiten bio- und geologische sowie sozio-ökonomische Einzelthemen vor. Hierbei hatten wir Gelegenheit, unser Projekt vorzustellen.
August 2016
19. August 2016: Bestandsaufnahme der Erhaltungskulturen: Unsere Erfahrungen werden in Kulturprotokollen notiert, Samen der vermehrten Pflanzen werden tiefgekühlt archiviert.
September 2016
20. und 21. September 2016: Eine Evaluation durch unabhängige Experten bescheinigt dem Projektteam eine erfolgreiche Arbeit und gibt wertvolle Hinweise für Verbesserungsmöglichkeiten.
Oktober 2016
7. Oktober 2016: Fünfte Sitzung der Projektgruppe.
28. Oktober 2016: Überraschender Erfolg bei der Vermehrung des Zwerg-Nadelröschens (Fumana procumbens) – die Samen von zwei Stecklingen zeigen eine gute Keimrate.
November 2016
4. November 2016: Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) erhält von uns eine Dokumentation zu den bisher erfolgten Schutzmaßnahmen für die FFH-Art Silberscharte (Jurinea cyanoides).
18. November 2016: Die Kulturprotokolle aller Projektarten sind fertig; sie enthalten Hinweise zur Aussaat, Empfehlungen für Kultursubstrate und Anmerkungen zu gärtnerisch relevanten Besonderheiten der einzelnen Arten. Die Informationen werden in das Portal für Erhaltungskulturen einheimischer Wildpflanzen eingepflegt, siehe http://www.ex-situ-erhaltung.de/. Interessierte können hier beispielsweise bei der Silberscharte nachlesen, dass diese auf Nässe empfindlich reagiert, als Pfahlwurzler tiefe Töpfe benötigt und in Töpfen aus Ton besser gedeiht als in solchen aus Kunststoff. So profitieren auch Dritte von unseren Erkenntnissen.
23. November 2016: Bei einem Ortstermin im NSG Magertriften bei Ober-Mörlen erläutert der Schutzgebietsbetreuer Maximilian Burg vom NABU den besonderen Wert des Gebiets. Es wurde uns von Experten als geeigneter „Zufluchtsort“ für mehrere von unseren Projektpflanzen vorgeschlagen.
25. November 2016: Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) erhält von uns rund hundert Datensätze zum Vorkommen gefährdeter Pflanzenarten. Diese werden in die hessische Artendatenbank eingepflegt und stehen künftig allen Anwendern zur Verfügung.
Das Jahr 2015
Januar 2015
10. Januar bis 28. Februar 2015: Praktikum Lea Kohn; umfangreiche Recherche zu Literatur und Hintergrundinformation bzgl. Kultur und Ökologie unserer Zielarten.
Februar 2015
19. Februar 2015: Partnertreffen der KfW Stiftung; unser Projektsponsor lädt alle aktuell geförderten Projekte zu einem Erfahrungsaustausch ein.
April 2015
22. April 2015: Dritte Sitzung der Projektgruppe, u. a. mit Vorstellung der Beete und Kultureinrichtungen. Die von uns mit der Saatgutsammlung beauftragten Experten werden im Rahmen eines gemeinsamen Einführungstermins auf Besonderheiten und Probleme hingewiesen.
Frühling 2015: Die Werkverträge für die Saatgutsammlungen werden sukzessive vergeben.
Juni 2015
1. Juni 2015: Der Genehmigungsbescheid für Arbeiten in NSG und den Umgang mit den geschützten Arten Steifer Lauch, Sand-Silberscharte und Wiesen-Schwertlilie wird unter Auflagen erteilt; die Saatgutsammlung in NSG beginnt.
Juni 2015: Woche der Botanischen Gärten vom 12. - 20. Juni mit Gartenführungen; dabei Vorstellung des Projektes bzw. der Erhaltungskulturen.
Juli 2015
Juli 2015: Die Bachelor-Arbeit von Simon Dietmann liefert wichtige Erkenntnisse zur Ökologie und Gefährdung des Zwerggrases.
17. Juli 2015: Jubiläum der VHÖ (Vereinigung hessischer ÖkologInnen) im Palmengarten mit Vorstellung unseres Projektes.
August 2015
10. August 2015: Als letzte der Zielarten des Projektes wird die Wiesen-Schwertlilie (Iris spuria) von Dr. Karsten Böger und Marina Hiemann im Hessischen Ried besammelt. Die Saatgutsammlung war damit bei allen Arten erfolgreich, und die erste große Hürde ist überwunden. © Foto: Dr. Karsten Böger.
September 2015
5. September 2015: Tag der offenen Tür mit Gartenführungen; dabei Vorstellung des Projektes bzw. der Erhaltungskulturen.
29. September und 12. Oktober 2015: Die ersten beiden Arten werden in Kultur genommen, nämlich Wiesen-Schwertlilie und Sand-Zwerggras. Beide sind Gegenstand von Untersuchungen zweier Geografie-Studenten der Uni Frankfurt.
Dezember 2015
4. Dezember 2015: Vierte Sitzung der Projektgruppe mit Jahresrückblick.
Das Jahr 2014
Sommer 2014
Erste Sitzung der projektbegleitenden Arbeitsgruppe (kurz: Projektgruppe) mit Auswahl der 15 Projektpflanzen. Das ambitionierte Projekt „Erhaltungskulturen einheimischer Pflanzen im Botanischen Garten Frankfurt“ soll mit Mitteln aus dem Bereich „Umwelt und Klima“ der KfW Stiftung gefördert werden; vereinbarte Laufzeit: 2014 bis 31.12.2018.
Herbst 2014
Start des Projektes; Vorbereitung der Saatgutsammlung und Beantragung der naturschutzrechtlichen Genehmigungen; Recherche zur aktuellen Situation der Zielarten; Kontaktaufnahme mit Spezialisten und Behörden.
10. Dezember 2014: Zweite Sitzung der projektbegleitenden Arbeitsgruppe.