Mehr Schotterpflanzungen, weniger Rasen

Ohne Wasser kein Garten. Was aber, wenn immer weniger Regen fällt und es immer wärmer wird? Im Gespräch erzählt Palmengarten-Direktorin Katja Heubach, wie sich der Palmengarten und der Botanische Garten auf zunehmend trockenere und heißere Sommer einstellen, welche Herausforderungen die automatische Bewässerung birgt und mit welchen Kniffen sich auch im eigenen Garten Wasser sparen lässt.

In den letzten Sommern und auch in den letzten Wochen gab es immer wieder langanhaltende Trockenperioden. Vor welche Herausforderungen stellt das den Palmengarten und den Botanischen Garten?

Hitze- und Trockenperioden bedeuten vor allem wenig Niederschlagswasser, viel Sonneneinstrahlung und viel Verdunstung. Wir müssen unsere Pflanzen deshalb mit ausreichend Feuchtigkeit versorgen, um unsere Gärten zu erhalten. Der Palmengarten und der Botanische Garten leisten schließlich auch einen wertvollen Beitrag zu einem gesunden Mikroklima in Frankfurt. Wir werden deshalb nicht dazu übergehen, gar nicht mehr zu gießen. Dennoch wollen wir schauen, wo wir sinnvoll Wasser sparen können. Darauf zielt auch unser Sommerberegnungsplan ab, den wir letztes Jahr entwickelt haben. Dafür haben wir uns angesehen, welche Pflanzen wie viel Wasser brauchen und an welchen Stellen wir weniger gießen können. Seither beregnen wir im Sommer nur noch Flächen, auf denen Großgehölze oder Staudenpflanzen stehen. Letztere werden allerdings extensiver, also weniger häufig bewässert als früher.

Wiesen [bieten] den Vorteil, dass sie sich durch hoch stehende Gräser selbst beschatten.

 

Und bei welchen Flächen kann man ganz auf das Gießen verzichten?

Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Rasen. Den bewässern wir inzwischen gar nicht mehr. Nach längeren Trockenperioden sieht der Rasen zwar braun aus. Wenn es dann wieder regnet, erholt er sich aber auch schnell wieder. Die Mahd-Zeitpunkte spielen auch eine Rolle, also wann ein Rasen oder eine Wiese gemäht werden. Wir mähen unseren Rasen jetzt nicht mehr ganz so häufig, sondern lassen ihn etwas höher stehen. Zum Beispiel haben wir eine ganz wunderbare Insektenwiese angelegt, die nur noch zweimal im Jahr gemäht wird. Mit Blick auf das Thema Wasser bieten solche Wiesen den Vorteil, dass sie sich durch hoch stehende Gräser selbst beschatten. Dadurch verringert sich die Verdunstung. Außerdem können sich blühende Pflanzen aussamen, was auch für Bestäuber toll ist.

Und die Besucher:innen haben auch etwas davon, wenn sie viele unterschiedliche Pflanzen und Insekten entdecken können. Wird die Bepflanzung des Palmengartens denn auch in anderen Bereichen an zunehmende Hitze und Trockenheit angepasst?

Auch bestehende Pflanzungen sollen so umgewandelt werden, dass sie trockenheitsresistenter sind, wobei wir nicht den Gartencharakter verlieren wollen. Wir wollen jetzt nicht überall Steppenpflanzen haben, das ist klar. Wir müssen deshalb das auswählen, was weiterhin Schaucharakter hat, was weiterhin Vielfalt und auch verschiedene Lebensräume zeigt. Das ist die Idee.

Was recht einfach umzusetzen ist, sind Bepflanzungen unter bestehenden Bäumen, sogenannte Baumscheibenpflanzungen. Dabei werden ganz gezielt Pflanzen um den Baum herum gepflanzt. So entstehen wirklich schöne, dichte Baumscheiben, die das Wasser für den Baum oder die Pflanze halten.

Die nächste Maßnahme ist dann natürlich, die Pflanzen für neue Pflanzungen heute schon so auszuwählen, dass sie auch in dreißig, vierzig Jahren noch Bestand haben bzw. dass sie überhaupt erst einmal die nächsten heißen, trockenen Sommer überleben und gut einwurzeln. Da müssen wir uns anschauen, ob das Substrat am jeweiligen Standort wirklich passt, und dann am besten auch gleich die Bewässerung mitdenken.

Was für Bewässerungstechniken kommen da infrage?

Wir beziehen unser Wasser über eine Ringleitung, an die über Ventile verschiedene Schläuche oder sonstige Ausbringeinrichtungen angedockt werden können.  Auf unserer Spielwiese zum Beispiel haben wir Rotationsversenkregner angebracht. Das ist tatsächlich ein Teil unserer schon installierten automatischen Bewässerung. Dann gibt es die klassischen Standregner, die das Wasser in einem einzustellenden Radius verteilen. Und es gibt die sogenannte Tröpfchenbewässerung, bei der Schläuche auf den Boden gelegt oder zum Teil auch ein wenig in die Erde eingegraben werden. Diese Schläuche sind perforiert und haben Löcher, aus denen das Wasser nach und nach abgegeben wird. Ganz ähnlich funktionieren die sogenannten Schwitz- und Perlschläuche. Das sind dickere Schläuche, die eine regelmäßige Perforation haben, durch die das Wasser nach außen perlt. Der Vorteil ist, dass so weniger Wasser verdunstet und das Wasser direkt an die Pflanze kommt. Die Schläuche werden ja direkt unter die Pflanze gelegt. So etwas kann man bei einer neuen Pflanzung dann zum Beispiel auch gleich mitinstallieren.

Das bietet sich natürlich an. Aber lassen sich wirklich alle Gartenbereiche mit solchen Bewässerungstechniken versorgen?

Es gibt natürlich auch viele Kübel, die nach wie vor mit der Handbrause bewässert werden. In Phasen mit viel Verdunstung bedeutet das einen hohen Arbeitsbedarf. Das ist eine unserer größten Herausforderungen. Deswegen ist es unser nächstes Ziel, die automatische Bewässerung zu erweitern und dafür dann auch die nötige Technik zu installieren.

Ein ambitioniertes Vorhaben! Lässt sich damit nur Arbeitsaufwand oder auch Wasser sparen?

In der automatischen Steuerung würde man dem Gerät sagen, wie viel Wasser es pro Stunde abgeben soll. Damit kann also bedarfsgerecht bewässert werden. Dafür braucht man allerdings auch Daten. Für die Rasen gibt es da recht verlässliche Werte. Für unsere Großgehölze allerdings haben wir keine empirisch erhobenen Daten. Daran arbeiten wir jetzt mit einem neuen Projekt, bei dem es darum geht, wie man bedarfsgerecht wässern und wie man diese Bedarfe ermitteln kann. Wir versuchen dabei, zusammen mit dem Grünflächenamt der Stadt Frankfurt die Wasserbedarfe über Sensorik zu messen. Dafür haben wir 80 Standorte mit Gehölzen und Stauden ausgewählt, an denen wir Sensoren einbauen, die die Saugspannung und die Feuchtigkeit im Boden messen. Aus diesen beiden Parametern lässt sich ableiten, wie viel Wasser der jeweilige Baum braucht. Diese Daten kann man dann irgendwann natürlich direkt in die Steuerung der automatischen Bewässerung einfließen lassen.

Wir gucken natürlich auch, wo noch mehr entsiegelt werden kann, damit Wasser im Boden versickert.

 

Spielt auch das Thema Brauchwasser eine Rolle für den Palmengarten und den Botanischen Garten?

Relevant ist das Thema auf jeden Fall. Die Frage ist: Wie bewältigen wir das? Das Problem ist natürlich, dass wir hier eine Anlage haben, die mehr als 150 Jahre alt ist und unter Denkmalschutz steht. Es ist ohnehin schon schwierig, unsere Gebäude sowohl denkmalgerecht als auch modern zu sanieren und instand zu halten. Wenn wir da jetzt noch Vorrichtungen installieren, um Betriebswasser zu sammeln und aufzubereiten, ist das tatsächlich baulich gar nicht so einfach. Was uns an dieser Stelle deshalb mehr interessiert, ist die Frage, wie wir Oberflächenwasser, also Regenwasser, sammeln können. Eine Möglichkeit ist der Bau von Zisternen. Da sind wir schon recht gut aufgestellt. Wir könnten auch unsere Weiher noch etwas mehr anstauen, und man kann in jedem Fall auch über Hochbehälter nachdenken. Gerade im Botanischen Garten hätten wir durchaus Möglichkeiten, Hochbehälter anzubringen. Wir gucken natürlich auch, wo noch mehr entsiegelt werden kann, damit Wasser im Boden versickert. Denn das ist natürlich spitze. Je mehr Wasser im Boden und nicht im Abguss landet, desto besser.

Schotterpflanzungen mit hitzeresistenten Arten kann man wunderbar auch im kleinsten Winkel anlegen.

 

Die meisten Wege im Palmengarten und im Botanischen Garten haben ja bereits eine wassergebundene Oberfläche, in der Regenwasser leicht versickern kann. Was kann man sich ansonsten von unseren Gärten abschauen, um auch zu Hause Wasser zu sparen?

Spannend sind zum Beispiel artenreiche Schotterpflanzungen. Das sieht man schön an unserem Küstenbeet am großen Weiher. Dort haben wir Meerkohl, Currykraut und verschiedene andere Arten aus unterschiedlichsten Küstenregionen der Welt zusammengebracht. Man hat da im Grunde eine Schotter- oder Steinfläche mit großen und kleinen Ostseesteinen und Drainagekieseln auf einem Sandbett. Darauf wachsen Pflanzen, die an trockene und heiße Bedingungen angepasst sind. Das sieht man schon direkt an der Blattform und –färbung. Die Blätter sind reduziert und weißlich bis bläulich gefärbt. So heizen sie sich weniger auf und verlieren weniger Wasser über Verdunstung. Solche Schotterpflanzungen mit hitzeresistenten Arten kann man wunderbar auch im kleinsten Winkel anlegen.

Dasselbe Prinzip sieht man auch auf unserer Steppenwiese neben dem Nordstern des Tropicariums. Das ist im Grunde auch ein Sandbett mit verschieden großen Steinen und Schottern darauf. Die sind zum Teil auch dunkel gefärbt und speichern die Hitze, und das ist genau das, was die Pflanzen dort gerne haben wollen. Auf der Steppenwiese steht zum Beispiel Lavendel, aber auch Blauraute und ähnliche Pflanzen aus den Steppengebieten Nordamerikas. Das ist fantastisch, weil es da über das ganze Jahr hinweg ganz, ganz viele Blühaspekte gibt – und die Bestäuber fliegen im wahrsten Sinne des Wortes drauf.

Ein toller Tipp! Und wie kann man zu Hause möglichst ressourcenschonend bewässern?

Was ein ganz toller Tipp ist, den ich auch erst kürzlich gelernt habe: Nach einem Regen zu gießen. Wenn es nicht regnet, ist das natürlich obsolet. Aber wenn es mal geregnet hat, ist der Boden schon angefeuchtet und das Wasser kann leichter eindringen. Man kann dann nachgießen und das Wasser versickert mehr oder weniger sofort. Ich habe das jetzt auch im Schrebergarten getestet und das funktioniert super.

Man kann auch immer mal den Spatentest machen. Dafür treibt man den Spaten etwa 10 cm in den Boden, kippt die Scholle ein wenig an und guckt, wo schon feuchte, also dunkle Bereiche sind. Dann sieht man direkt, ob man noch ein bisschen gießen muss. Denn so etwa 10 cm durchfeuchtet sollte der Boden schon sein.

Der andere, wie ich finde, wirklich grundlegende Tipp ist Mulchen. Dass man, wenn man pflanzt, dazwischen einfach Grasschnitt-Mulch ausbringt. Die Regel ist, dass nirgendwo nackte Erde sein sollte, außer man hat gerade gesät und es handelt sich um Lichtkeimer. Dann sollte man den Boden natürlich nicht bedecken. Aber sobald sich die Pflanze entwickelt hat, lohnt es sich wirklich sehr, zu mulchen. Das kann Grasschnitt sein, das kann Rindenmulch sein, gehäckselter Baumschnitt oder auch Laub, das man noch übrig hat.

Und man sollte natürlich am besten immer dann gießen, wenn nicht gerade die Sonne am Himmel steht, also am ehesten in den frühen Morgenstunden. Abends geht das auch, aber dann ist es ja noch recht warm, sodass ein Teil des Wassers direkt auf der erhitzten Blattoberfläche verdunstet. Deshalb ist es sinnvoller, morgens zu gießen, wenn die Pflanze und die Umgebungstemperatur noch kühl sind.

Vielen Dank für das Gespräch!

Noch mehr interessante Einblicke zum Thema "Wasser im Palmengarten" finden Sie in unserem Podcast "Auf die Palme gebracht" (Folge 11 und 12).

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